Umsetzung des Koblenzer Verkehrsentwicklungsplans 2030: GRÜNE wollen Radverkehrsachse Innenstadt – Oberwerth


Der Verkehrsentwicklungsplan (VEP) 2030 beschreibt vier besonders wichtige Radverkehrsachsen. Auf sicheren und direkten Wegen sollen Radfahrende unter anderem von der Innenstadt nach Oberwerth fahren können. Diese Radstrecke sind die Koblenzer GRÜNEN nun entlang gefahren und haben den aktuellen Zustand sowie erforderliche Maßnahmen diskutiert.

Gleich zu Beginn der Radtour stoßen die Teilnehmer*innen auf eine zentrale Maßnahme im VEP: Die Casinostraße soll eine Fahrradstraße werden. Genau dies hatten die GRÜNEN im Sommer beantragt. Dieser Antrag wurde durch das Baudezernat und die Verwaltung mit Begründung abgelehnt, dass in der Casinostrasse augenscheinlich der Radverkehr nicht überwiege beziehungsweise auch in absehbarer Zukunft nicht überwiegen werde. Diese Bedingung stellt die Straßenverkehrsordnung (noch) als Voraussetzung zur Einrichtung einer Fahrradstraße. In einer Antwort, auf einer von der grünen Stadtratsfraktion gestellten kleinen Anfrage, musste die Stadt allerdings aufgrund neuester Zählungen einräumen, dass es in der Casinostraße durchaus einen hohen, teils deutlich überwiegenden Radverkehrsanteil gibt.

Außerdem wurde seitens der Verwaltung behauptet, dass die Entscheidung über die Errichtung einer Fahrradstraße nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates oder eines städtischen Ausschusses gehöre. Die Grünen haben das in der Zwischenzeit rechtlich überprüfen lassen. Das Gegenteil ist der Fall.

Darüber hinaus wurde seitens des Baudezernates behauptet, die Fahrradstraße durch ein zusätzliches Schild für den KFZ-Verkehr freizugeben (d.h. Anliegerverkehr, Linienverkehr, Lieferverkehr oder sogar den Durchgangsverkehr), wie es die Grünen in ihrem Antrag gefordert hatten, sei ebenfalls nicht zulässig. Tatsächlich ist das aber in anderen Städten eher die Regel als die Ausnahme.

„Der 2018 einstimmig beschlossene Verkehrsentwicklungsplan 2030 sieht in der Casinostraße ausdrücklich eine Fahrradstraße vor!“, so der Fraktionsvorsitzende Carl-Bernhard von Heusinger. „ Mit der Bewertung des Antrags hat sich die Verwaltung und das Dezernat letztendlich blamiert. Mit teils unrichtigen oder zumindest höchst zweifelhaften Behauptungen war es den anderen Ausschussmitgliedern nicht möglich eine objektiven Beschluss zu fassen. Das werden wir so nicht akzeptieren“, kündigt von Heusinger an.

Weiter geht es in die Südallee, die in Zukunft umfassend zur Fahrradstraße umgebaut werden soll. „Immer wieder darauf zu verweisen, dass hier eines Tages eine Fahrradstraße sein wird, ist müßig,“ ärgert sich GRÜNEN-Vorstandssprecher Martin Schmidt, „das kann doch nicht bedeuten, dass in den Straßen rechts und links der Südallee nichts für den Radverkehr zu tun ist.“ Tatsächlich sieht auch der VEP in der Radverkehrsachse nicht den einen Weg von der Innenstadt nach Oberwerth, sondern betont das hohe Verbindungs- und Erschließungspotential der Gesamtachse durch die bevölkerungsreichen südliche Vorstadt, zum Hauptbahnhof, zu Schulen, zum Krankenhaus sowie zum Freibad und zum Sportpark Oberwerth mit der CMG Arena.

Vorstandsmitglied Gregor Höblich, der die Radtour organisiert hatte und als Radverkehrsplaner fachliche Hintergründe erläuterte, führte die Gruppe dementsprechend auch immer wieder in die Seitenstraßen oder zu parallel verlaufenden Straßen um Defizite in der Radverkehrsinfrastruktur aufzuzeigen. Seien es die teils haarsträubenden Wartezeiten für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen an Kreuzungen (z.B. Mainzer Straße / Rizzastraße, Hohenzollernstraße / Markenbildchenweg), fragwürdige Benutzungspflichten (z.B. beim einseitigen Zweirichtungsradweg in der Rizzastraße) oder auch „nur“ hohe Bordsteine. Der vermeintlich einfache Verweis auf den „Bestandsschutz“ gelte insbesondere bei den oft zu schmalen Radwegen nicht, erklärt Höblich und zitiert den VEP: „Radverkehrsanlagen müssen geprüft und auf die in den ERA (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, FGSV) empfohlenen Standards angepasst werden.“

Ein Konfliktpunkt wurde in diesem Jahr endlich entschärft: Die schmale und steile Rampe an der Mozartstraße hinunter in die Rheinanlagen war bis dahin offiziell als Teil des Rheinradwegs ausgeschildert. „Der Verlauf des Rheinradwegs wurde im Mai 2020 geändert,“ berichtet Höblich, „die Rampe an der Mozartstraße, die für Radfahrer nicht freigegeben war, ist nun zurecht nicht mehr Teil des Rheinradwegs, der nun entlang der Rheinuferpromenade am Schwanenteich weiter verläuft.“ Auch die neuen Radfahrstreifen auf der Mainzer Straße kommen bei den Teilnehmer*innen der Radtour gut an. Schmidt weist jedoch darauf hin, dass diese an der Schenkendorfstraße aufhören sollen: „Das ist unsinnig, denn es geht ja nicht komfortabel in der Südallee weiter – wie im VEP geplant –, da diese erst in vielen Jahren eine Fahrradstraße werden soll. Warum werden nicht jetzt mit wenig Aufwand die Markierungen bis in die Altstadt fortgesetzt und sofort etwas für den Radverkehr getan? Erst dann kann die Mainzer Straße auch eine entlastende Wirkung für die Rheinanlagen entfalten.“

„Es ist wenig ambitioniert, nur einzelne Routen schön zu machen,“ bestätigt Höblich, „es geht um das gesamte Netz in Koblenz. Radfahrende wollen überall hin kommen, mindestens genauso wie Autofahrende. Wenn dem Radverkehr nur einige Hauptrouten zugestanden werden mit der saloppen Aussage: ‚Fahrt doch hier!‘, das ist geradezu frech.“ In der Tat hebt der VEP deutlich die Gleichberechtigung des Radverkehrs hervor und betont sogar den besonderen Nachholbedarf in Koblenz.

Auf der Horchheimer Brücke endet die Radtour. Von Heusinger kommentiert den viel zu schmalen Weg neben den Gleisen: „Das ist eine Hauptroute im VEP. Und der Rheinradweg, der ab hier bis Stolzenfels in einem erbärmlichen Zustand ist, wird sogar als ‚Radkomfortroute‘ bezeichnet. Sowohl der Rheinradweg als auch die Strecke, die wir gerade gefahren sind, sind im VEP als hoch prioritär eingestuft. Für die Achse Innenstadt – Oberwerth gilt sogar eine Umsetzungsfrist bis 2020. Wann will die Stadt das Thema Radverkehr endlich angehen?“


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